Spielsucht
Was im Volksmund unter Spielsucht geläufig ist, wird in der Forschung als pathologisches (zwanghaftes) Spielen oder problematisches Spielverhalten bezeichnet. Wie viele Menschen tatsächlich davon betroffen sind, lässt sich nur schätzen. Im Grünbuch der EU Kommission für Online Glücksspiele wird berichtet, dass acht EU Staaten landesweite Studien zur Verbreitung von problematischen Spielverhaltens durchgeführt haben. Die Verbreitung (Prävalenz) liegt zwischen 0,5% in Großbritannien und 6,5% in Estland. In Deutschland geht die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für 2010 bundesweit von 242.000 (0,45%) Personen mit pathologischem Spielverhalten und 347.000 (0,64%) Personen mit problematischem Spielverhalten aus. Die österreichische ARGE Suchtvorbeugung veröffentlichte im Mai 2011 eine Studie wonach 1,6 % der Personen, die in den letzten 12 Monaten an einem Glücksspiel teilgenommen haben, ein pathologisches Spielverhalten aufweisen. Für die Schweiz hat die Eidgenössische Spielbankenkommission für das Jahr 2009 folgende Werte ermittelt: 1,5% sind problematische Spieler und 0,5% pathologische Spieler.
Spielsucht tritt häufig nicht isoliert auf
Problematisches oder pathologisches Spielen ist in vielen Fällen mit anderen Krankheiten bzw. Süchten verknüpft. Einer amerikanischen Studie aus dem Jahr 2005 zufolge, haben über 70% der Spielsüchtigen auch ein Alkoholproblem. 60% der Spielsüchtigen leiden an Persönlichkeitsstörungen, beinahe 50% weisen affektive Störungen (z.B. Depressionen) auf, und knapp 40% haben zusätzlich zur Spielsucht einen problematischen Drogenkonsum.
Spielsucht ist also in den wenigsten Fällen ein Problem das vollkommen isoliert auftritt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass problematisches oder pathologisches Spielen bei arbeitslosen Menschen verstärkt auftritt. Besonders gefährdet sind auch Personen im Alter von 18 - 35 (dabei vor allem Männer), Personen mit Pflichtschulabschluss und gering verdienende Personen.
Faktoren und Phasen der Spielsucht
Besonders Männer im Alter von 18 - 35 Jahren sind gefährdet spielsüchtig zu werden. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die das Entstehen von Spielsucht begünstigen und diese Faktoren gelten nicht nur für die angesprochene Risikogruppe. Spielsucht ist ein Phänomen, das beide Geschlechter betrifft und in allen Gesellschaftsschichten sowie Altersklassen vorkommt.
Faktoren, die das Entstehen von Spielsucht begünstigen
Geschwindigkeit des Spiels: Je kürzer die Abstände zwischen Spieleinsätzen sind, desto höher ist das Risiko. Aus diesem Grund sind Automatenspiele besonders gefährlich. Bei Spielautomaten kann man innerhalb von nur wenigen Sekunden einen erneuten Einsatz tätigen.
“Near-miss”: Auch als “knapp daneben” Phänomen bekannt. Ein Beispiel für near-miss bei Sportwetten: Man platziert eine Wette auf den Endstand 0:0. In der 90 Minuten fällt ein Tor und die Wette wird verloren. Bei einem Spielautomaten mit 5 Reihen könnte das Erscheinen von 4 Jackpot Symbolen als near-miss gedeutet werden. Man bekommt das Gefühl, dass man nur knapp an einem großen Gewinn vorbeigeschrammt wäre. Forscher fanden heraus, dass bei einem “near-miss” die gleichen Gehirnareale aktiviert werden wie bei einem Gewinn. Der Spieler glaubt, dass er das Glücksspiel kontrollieren bzw. beeinflussen könne. Selbst bei einem Würfelspiel glaubt man oft daran den Würfel beeinflussen zu können. Möchte man eine niedrige Zahl werfen, dann wird der Würfel eher sanft geworfen.
Frühe Gewinne: Wenn man die ersten Erfahrungen mit Glücksspielen sammelt und dabei gewinnt (oftmals auch Anfängerglück genannt) dann kann die innere Überzeugung entstehen, dass man das Spiel kontrollieren kann.
Zugangsmöglichkeiten und soziales Umfeld: Es liegt auf der Hand, dass problematisches Spielverhalten durch vermehrtes Angebot von Glücksspielen gefördert wird. Werden im sozialen Umfeld (Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen …) Glücksspiele als Freizeitbeschäftigung akzeptiert bzw. gehen Personen aus dem sozialen Umfeld bereits dem Glücksspiel nach, dann steigt naturgemäß die Wahrscheinlichkeit auch aktiv mit Glücksspielen in Berührung zu kommen.
Dies ist keine erschöpfende Aufzählung aller Faktoren, die das Entstehen von Spielsucht begünstigen können. Vielmehr ist es eine Zusammenfassung jener Faktoren, die in voneinander unabhängigen Studien immer wieder genannt werden. Es darf nicht unterschätzt werden, dass viele Personen in die Spielsucht abrutschen weil sie mit ihrem Leben oder mit sich selbst nicht zufrieden sind. Gewinne lenken von den Alltagsproblemen ab und steigern zunächst das eigene Selbstbewusstsein.
Phasen der Glücksspielsucht
Die “Karriere” eines Spielsüchtigen durchläuft drei Phasen.
Gewinnphase: In der ersten Phase kommt es zu gelegentlichem Spiel. Der Spieler gewinnt und ist dem Spiel gegenüber positiv eingestellt. Vor und während des Spiels verspürt der Spieler das sprichwörtliche Kribbeln im Bauch. Kommt es zu Gewinnen, dann verfällt der Spieler dem Glauben das Spiel zu kontrollieren bzw. zu seinem Gunsten beeinflussen zu können. Daraus entwickeln sich ein großer Optimismus und Phantasien über große Gewinne in der Zukunft. Man ist sich seiner Sache sicher und beschäftigt sich mehr mit Hintergründen und Strategien. Da man glaubt Herr der Lage zu sein, beginnt man mit dem Einsatz von größeren Beträgen.
Verlustphase: Diese Phase beginnt, wenn der Spieler anfängt die Verluste herunterzuspielen. Mit Gewinnen wird hingegen gerne geprahlt. Man verliert langsam den Überblick über Gewinne und Verluste, ist sich aber sicher, dass die Gewinne alle Verluste abdecken. Nachdem man bereits in der Gewinnphase damit begonnen hat höhere Beträge zu setzen, kommt es nun auch zu ersten größeren Verlusten. Diese großen Verluste werden verheimlicht. Man denkt man müsse sich mehr mit den Hintergründen zum Glücksspiel beschäftigen, um größere Gewinne einzufahren. Aus diesem Grund beginnt man damit Freunde und Familie zu vernachlässigen. Man ist sich nach wie vor sicher, dass man das Spiel grundsätzlich beherrschen kann. Man beschäftigt sich auch während der Arbeitszeit mit möglichen Strategien und in der Freizeit kann man dem Glücksspiel kaum noch widerstehen. Nachdem die Verluste immer größer werden, sieht man sich gezwungen Schulden zu machen oder Kredite aufzunehmen, um das weitere Spiel zu finanzieren.
Verzweiflungsphase: Hier ist man bereits tief in der Spielsucht gefangen. Es kommt zu Veränderungen der Persönlichkeit, man zieht sich vollkommen aus dem Gesellschaftsleben zurück und fühlt sich vollkommen wertlos. Schulden werden verspätet oder gar nicht zurückgezahlt und einige Spieler greifen zu gesetzeswidrigen Mitteln, um Geld zum Spielen zu beschaffen. Hört man von Gewinnen anderer Spieler, dann empfindet man Hass und Selbstmitleid. Man ist sich seiner Spielsucht bewusst, fühlt sich aber machtlos.
Hilfe und Informationen zu Spielsucht gibt es unter anderem hier:
- Anonyme Spieler
- Schnelle Hilfe von Betroffenen